Mitternachtssport

Wenn du zwischen 16 und 27 Jahren alt bis, Freitagabend noch nichts vorhast und gern Fußball spielst, solltest du unbedingt mal beim Mitternachtssport vorbeischauen.

Freitags ab 21.30 Uhr, Sporthalle der Louise-Schröder-Schule (außer in den Schulferien)

Was geht? Eindrücke von Erdogan

An jedem Freitagabend wacht die Turnhalle in der Louise-Schröder-Schule um 21.30 Uhr frühzeitig wieder auf. Eine Gruppe von Jugendlichen zwischen 14 bis 27 Jahren drängelt sich vor der Hallentür, um schnellstens mit der Teambildung anfangen zu können. Gleich wird es mit den Spielen losgehen.

Es ist meistens kalt draußen um 21.30 Uhr. Die Ungeduld der Jugendlichen, endlich in die Halle zu kommen, hat deshalb nicht nur sportliche Gründe: es ist auch wärmer drinnen, besonders nachdem man angefangen hat, mit dem Ball zu dribbeln.

Erst wird sich umgezogen, dann ein paar Ballkontakte, dribbeln und Schießübungen bis die Mehrheit anfängt, zu meckern und schimpfen, warum es immer noch nicht soweit ist, die Teams zu bilden und mit den Spielen anzufangen. Nach ca. 30 Minuten sind es schon 50 – 60 Jugendliche in der Halle.

Viele bekannte Gesichter: einige kenne ich von dem wöchentlichen Schwimmangebot, von der Hausaufgabenhilfe oder vom letzten Straßenfußballturnier. Einige wiederum vom letzten gemeinsamen Gespräch: der da müsste eigentlich aufhören zu kiffen oder der andere weniger rauchen, wenn er in seinem Verein erfolgreich weiter Fußball spielen will usw. Diejenigen, die ihr Versprechen vom letzten Gespräch nicht gehalten haben, vermeiden die Konfrontation mit den Sozialpädagogen etwas verschämt.

Viele sehen sich nur von Freitag zu Freitag beim Fußballspielen. Deshalb viele laute „Hallo“ Zurufe quer durch die Halle, zwei gegenseitige Küsse auf beide Wangen, Umarmungen oder komplizierte Grußrituale mit den Händen. Es lohnt sich,  einmal in der Woche hierher zu kommen.

Endlich beginnen die Spiele, 5 gegen 5. 10 Minuten wird hart geackert und geschuftet, die letzten Dribbelnummern werden demonstriert, nebenbei werden laut Pässe gefordert und mit den Mitspielern geschimpft, wenn ein „hundertprozentiges“ Tor nicht „reingemacht“ wird.

Eigentlich wird in deutscher Sprache gesprochen, aber in verschiedenen Versionen: eine Mischung von deutsch-türkischen, deutsch-griechischen, deutsch-englischen oder deutsch-portugiesischen Vokabularen und Akzenten. Es herrscht eine Selbstverständigkeit der multikulturellen Terminologie und jeder versteht jeden.

Nach 10 Spielminuten endet das Spiel, „Verlierer“ verlässt das Feld und ein neues Team kommt aus der Warteschlange auf die drei Felder der Halle, „Gewinner“ bleibt selbstverständlich auf dem Spielfeld.

Ab und zu müssen einige Jugendliche von den Trainern oder Sozialpädagogen gewarnt werden, weil sie ohne Turnschuhe in die Halle reinmarschiert sind, sie müssen abwechselnd mit den Turnschuhen ihrer Kumpeln spielen.

Am Anstrengendsten ist es, einige Mitspieler der Verlierermannschaften zu beruhigen, weil sie einfach nicht verlieren können oder dürfen. Darum gibt es immer einen „Schuldigen“: entweder die Mitspieler oder am liebsten der „Schiri“. Wenn das neue Spiel beginnt, ist wieder alles vergessen, wenn gewonnen wird, sonst geht alles wieder von vorne los. Viel Geduld muss man manchmal haben.

Am schwierigsten aber haben es die Raucher. Nach 10 Spielminuten in verschwitzten Trikots schnell nach Zigaretten und Feuerzeug in den Taschen irgendwo abgelegter Jacken suchen, nach draußen in die Kälte rennen, hastig zwei Züge aus der Zigarette ziehen und schon wird protestierend aus der Halle gerufen: „Wo seid ihr verdammt noch mal? Das nächste Spiel beginnt gleich!“

(Bericht von Erdogan Atif Bayazit 2011)

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